aktualisiert am 29. Dezember 2024
Die Normandie hat zahlreiche wundervolle Reiseziele zu bieten. Ob das raue und imposante Departement Seine-Maritime mit seinen spektakulären Kreidefelsen in Étretat oder das liebliche Calvados mit mondänen Badeorten wie Deauville und blühenden Streuobstwiesen im Hinterland.
Abseits der bekannten Touristenziele gibt es noch so viel mehr zu entdecken. Ob charmante Dörfer, geheime Buchten oder familienfreundliche Domizile, lese in meinem Bericht alles über zwei außergewöhnliche Reiseziele, die so nicht unbedingt jeder auf dem Schirm hat, wenn er an die Normandie denkt.
Geheimtipp Nr. 1 in der Normandie: Yport, oder auch das kleine Étretat
Dieser herrliche Ort an der Küste ist für uns wirklich so etwas wie die kleine Schwester von Étretat. Hohe, weiße Kreidefelsen, ein im Sommer bewachter Badebereich am Meer und ein beschaulicher Ortskern. Alles was man für einen Badeurlaub benötigt, oder? Und das Beste daran: Im Vergleich zu Orten wie Étretat und Co. geht es hier noch herrlich ruhig und beschaulich zu.
Das Meer eröffnet sich euch in Yport mit einem weiten Blick über die weißen Kreidefelsen in Richtung Fécamp. Typisch in der Normandie und natürlich auch in Yport ist der interessante Wechsel zwischen Ebbe und Flut. Während man bei uns in Ostfriesland bei Ebbe das Watt erkundet, zeigen sich bei Niedrigwasser in Yport große Gesteinsplatten, die mit Algen, Krabben und Muscheln übersät sind und ein Paradies für jede am Himmel fliegende Möwe ist.
Aber auch Fachkundige und Einheimische ziehen los und füllen ihre Eimer mit einer Delikatesse für die nächste Mahlzeit. Sozusagen moules a emporter (Muscheln zum Mitnehmen), wie der Franzose mit einem Schmunzeln sagen würde. Aber wo ist das sonst schon möglich, sich die Meeresfrüchte einfach so mitzunehmen und daheim davon zu profitieren. Kommt die Flut dann mit imposanter Stärke zurück, ist das kleine Örtchen kaum wiederzuerkennen. Türkisfarbenes Wasser erhält Einzug, die Kreidefelsen scheinen magisch zu strahlen.
Normannischer Badeort mit imposanten Kreidefelsen
Reist ihr mit dem Auto an, könnt ihr den großen Parkplatz an der Promenade Denouette direkt am Meer nutzen. Das ist ideal, besonders wenn ihr auf etwas Komfort am Strand nicht verzichten wollt und Luftmatratze, Campingstuhl und Co. dabei habt. Die Normandie ist ja wirklich wunderschön, überzeugt aber eben nicht unbedingt mit feinstem Sandstrand.
Trotz des fehlenden Sandstrands fasziniert uns die Region, alleine schon aufgrund der Optik der beinahe 100 Meter hohen Kreidefelsen, die je nach Lichteinfall immer etwas anders schimmern. Schallen die Rufe der Möwen von den hohen Steilwänden zurück, hat es beinahe etwas Beklemmendes. Wenn ihr aus dem kühlen Nass zurück an den „Strand“ kehrt, erfreut ihr euch vielleicht sogar über die Kieselsteine… zumindest seid ihr weniger paniert, als an einem Sandstrand.
Unsere Tochter hat es auf jeden Fall geliebt und sich die kleinen Anhöhen von Kieselsteinen mit Ausdauer herabrollen lassen. Der Sand zum Buddeln hat keine Minute gefehlt, wo man doch mit Algen auch herrliche Experimente machen kann.
Ideal besonders für Familien, die die Normandie bereisen
Wichtig, wirklich wichtig! Wenn ihr plant, euch im Ärmelkanal zu erfrischen, schafft euch zuvor Badeschuhe an. Es ist kaum möglich barfuß über die Kieselsteine zu laufen, geschweige denn bei ankommender Flut auf den Kieselsteinen gegen die Wellen anzulaufen und heile im Wasser anzukommen. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schwierig es ohne besagte Schuhe ist, zumindest noch etwas galant und würdevoll ins Wasser zu gehen.
Ein zweiter Tipp für euch, wenn eure Kids noch etwas wasserscheu sind. Der Wellengang in der Normandie ist nicht zu unterschätzen. Besonders die Passage des Einstiegs ins Wasser kann ängstlichere Frohnaturen davon abhalten, überhaut erst ins Wasser zu gehen. Wir haben im letzten Jahr in sogenannte Bodyboards* investiert, auf denen man recht sanft ins Wasser gleiten kann. Denn, wenn man erst einmal in den Fluten ist und sich auf seinem Board treiben lässt, kann es nichts schöneres geben, als beim Wellengang auf und ab zu gleiten. Ein warmer Traum. Die Bodyboards werden einfach nur aufgeblasen, können also auch recht platzsparend ins ohnehin schon volle Auto verladen werden.
Für Familien interessant: der Strand ist in der Saison überwacht. Der überwachte Bereich ist durch gelbe Bojen markiert, die Rettungsschwimmer sind mit wachen Augen genau an der Küstenlinie und schnell zur Stelle, wenn ein Einsatz erforderlich ist.
Zudem findet sich vor Ort ein kleiner Spielplatz für die Zwerge und man erhält an den kleinen Strandhäusern Essen to go (Crêpes, Pommes frites, Backfisch, Eis und vieles mehr).
Was tun in Yport – 5 Tipps für Restaurants und Unternehmungen
Eine Besuch von Yport lohnt sich aber auch außerhalb der Sommersaison, oder wenn gerade mal kein Badewetter ist. Folgende Tipps möchte ich euch ans Herz legen:
- 1. Casino – In Yport befindet sich ein kleines aber feines Casino, falls euch die Langeweile plagt, vielleicht eine interessante Idee?
- 2. Lire à la plage – Im Juli und August nehmen viele Orte in der Region Seine-Maritime an der Aktion „Lire à la plage“ teil, es werden bis zu 13.000 Bücher zur Ausleihe angeboten. Und mit einem bequemen Stuhl kann man direkt mit Blick auf die herrlichen Kreidefelsen in einem spannenden Krimi schmökern.
- 3. Wanderungen – Über den Rücken der Kreidefelsen könnt ihr eine im wahrsten Sinne des Wortes aussichtsreiche Wanderung ins benachbarte Vaucottes unternehmen. Der Ausblick über das blaue Meer ist grandios. Ich empfehle euch hierfür allerdings wirklich festes Schuhwerk, idealerweise sogar Wanderschuhe und erschreckt nicht, wenn sich im hohen Gras eine Schlange auf eurem Weg verirrt.
- 4. An den kleine Strandhäusern am Strand könnt ihr euch mit ein paar schnellen Frites oder einem Crêpes versorgen, in Yport warten allerdings noch einige leckere Restaurants auf euch. Zwei davon finden sich direkt mit Blick aufs Meer am Boulevard Alexandre Dumont. Wie immer gilt in Frankreich, reserviert euren Tisch vor. Die Restaurants öffnen mittags und abends, am Abend meist nicht vor 18:30 / 19:00 Uhr. Plant dieses Zeitfenster ein, wenn ihr als Familie mit kleinen Kindern anreist oder versorgt euch einfach selbst.
Die Lebensmittel in Frankreich sind von so guter Qualität, dass wir fast ausschließlich dazu übergegangen sind uns in einem der Grand Frais Märkte unsere Mahlzeit zusammenzustellen und gemeinsam in der Ferienunterkunft zu kochen. Der nächste Markt dieser Art befindet sich in Gonfreville oder Le Havre. Nichts desto trotz, kann ein leckeres Menu in einem guten Restaurant eine Wonne sein, natürlich besonders dann, wenn ihr Meeresfrüchten und Fisch gegenüber nicht abgeneigt seit. - 5. Die Boulangerie im Ort ist eine Wucht. Die leckersten Brote und Baguettes, dazu kleine leckere Tartelettes oder früh morgens Croissant und Pains au Chocolat. Mittags kannst Du ein Menu wählen, mit einem leckeren belegten Baguette (mit Hähnchen, Käse oder Thunfisch und Remoulade und Salat) und dazu gibt es ein Getränk und den Nachtisch des Tages (einen kleinen Kuchen) dazu. Himmlisch!
Extra-Tipp: direkt am Strand verspeisen.
Die Boulangerie hat Montags ihren Ruhetag.
Geheimtipp Nr. 2 in der Normandie – Vaucottes, ein Ort zum Träumen
Jeder der sich für einen Urlaub in der Normandie und wunderschöne Reiseziele interessiert, wird sicherlich Étretat ganz nach oben mit auf die Liste, der zu besichtigenden Orte setzen. Natürlich ist das verständlich, auch wir waren auf unserer Hochzeitsreise in Étretat. Die Normandie bietet aber viel, viel mehr. Es gibt wunderbare Ortschaften, einmalige alte Gebäude, die steilsten Kreidefelsen und pittoreske Küsteneinschnitte. Und da ich euch Geheimtipps versprochen habe, will ich sie natürlich auch mit Euch teilen.
Es war ein Zufall, der uns 2014 in diese einmaligen Ortschaft verschlagen hat. Recht kurzfristig gebucht über gites.fr hatten wir ein kleines süßes Ferienhaus mit Blick aufs blaue Meer. Ein Traum! Die Anfahrt in die Normandie im April war ruhig und so kamen wir recht entspannt unserem Reiseziel näher. Und ehe wir uns versahen, warnte uns das Navi, dass wir an unserem Reiseziel vorbeigefahren seien und umkehren sollten. Hier auf der Landstraße war das zunächst nicht möglich, sodass wir die Anhöhe, die vor uns lag passierten. Ja und dann, dann war es um uns geschehen.


Sollte das unser Urlaubsort sein? Kurz vor Yport drehten wir und fuhren die Küstenstraße zurück. Und ja, mitten im Wald zeigte sich rechter Hand ein kleiner Forstweg, den wir passierten und so auf abenteuerliche Weise zu unserem Ferienhaus gelangten. Mitten im verlassen wirkenden Wald lag das Häuschen dar, mit Feuerholz und einem herrlichen Kamin. Ab da an war die Leidenschaft für diese Ortschaft geboren.
Unser geheimes Reiseziel in der Normandie nur für euch
Jedes Mal, wenn wir uns in der Normandie aufhalten oder einen Zwischenstopp auf dem Weg in die Bretagne einlegen, kommen wir nicht an dieser wunderschönen Ortschaft vorbei. Sie trägt den Namen Vaucottes und lädt zum Träumen und Genießen ein.
Vaucottes ist eine herrliche Ansammlung von Villen mit Hanglage. Zwischen Étretat und Yport gelegen, ist es ideal um die Umgebung zu erkunden. Der Schriftsteller Maurice Leblanc soll hier eine Zeit verbracht haben. Nicht verwunderlich, bei dieser Aussicht. Bei Ebbe kann man hunderte Meter „ins Meer hinein laufen“ und zwischen dem Gestein Krabben und andere Meerestiere suchen, bei Hochwasser wird die Bucht in Abhängigkeit des Gezeitenkalenders nahezu gänzlich geflutet. Auch wenn Badeverbotsschilder am Ort aushängen, lassen sich die geübten Schwimmer und Einheimischen nicht davon abhalten, sich für eine kleine Erfrischung in die Fluten zu stürzen. Und das nicht nur im Sommer.
Savoir-Vivre bei Sonnenuntergang in der Normandie
In der Hauptsaison treffen sich die „Vaucottes-Kenner“ und Einheimischen abends am Meer, picknicken und genießen den Blick auf den nahenden Sonnenuntergang. Wir haben selten eine so ruhige und zeitgleich ausgelassene Stimmung erlebt. Wenn man den Begriff des savoir vivre bisher nicht verstanden hat, weiß man nun, was die Franzosen damit meinen und wie sie ihr Leben genießen. Falls es euch eigenartig vorkommen sollte, einfach so irgendwo an der frischen Luft oder sogar am Strand euer Mittagessen zu euch zu nehmen… die Franzosen lieben nichts mehr, als zu picknicken, es gehört für sie zum Leben dazu. Ob wir im Regen an der Bushaltestelle die Leckereien vom Foodtruck gegessen haben, Tartelettes an der Promenade oder eine Pizza am Strand, wir ernteten immer anerkennende Blicke. Also versucht es einfach mal!
Von Vaucottes aus kann man ganz herrliche Wanderungen unternehmen. Eine davon bringt uns mit einem kleinen Aufstieg in etwa einer halben Stunde in die Ortschaft Vattetot-sur-mer. Wenn ihr etwas mehr Zeit zur Verfügung habt, könnt ihr den Chemin de la Vallée und de Bois nehmen und in einer knappen Stunde durch herrliche Felder und Wälder bis zum Ziel gelangen.
Direkt im Ortskern, gegenüber der Kirche, kann ich Euch das Restaurant le Puits Fleuri wärmstens empfehlen. Bitte reserviert unbedingt einen Tisch vor eurem Besuch, das Restaurant ist sehr beliebt und wird auch für Feste und Feiern gebucht. Falls Ihr keinen Tisch ergattern könnt, hält das Restaurant „Essen to go“ für euch bereit. Kleine Mahlzeiten, Austern, Fischsuppen und ähnliches könnt ihr gegen Bezahlung direkt dem Schrank an der Außenseite des Hauses entnehmen. Natürlich könnt ihr diese Kleinigkeiten auch direkt am Strand in Vaucottes verspeisen.

Unsere Geheimtipps zum Übernachten
Die Region zwischen Yport und Vaucottes ist einfach einmalig schön, oder etwa nicht?
Da lohnt es sich auf jeden Fall die eine oder andere Nacht oder eine ganze Ferienwoche vor Ort zu bleiben.
Übernachten kannst du in Frankreich immer sehr gut in Chambre d’hotes, direkt bei Einheimischen oder in einem schönen Ferienhaus, wenn du es magst, dich selbst zu versorgen. Ich habe zwei Unterkunftstipps, einmal ganz in der Nähe von Vaucottes und einmal in Yport für dich.
Wir konnten eine wunderbare Woche in Vattetot-sur-Mer verbringen. Die kleine Ortschaft liegt nicht direkt am Meer, aber du bist in weniger als fünf Minuten mit dem Auto in Vaucottes. Nadia bietet neben ihrem Zuhause ein schmuckes kleines Ferienhaus* und auch wunderbare Zimmervermietungen* mit tollen Frühstück an. Wir haben die Zeit sehr genossen und konnten tolle Ausflüge ans Meer nach Yport und auch nach Étretat unternehmen. Eine Woche im Ferienhaus in der Hauptsaison kostet übrigens nur 930 Euro, kaum findet man noch so einen günstigen Preis. Vier Nächte inklusive Frühstück im Bed and Breakfast kosten knapp 400 Euro.
Adresse: 315 Route du Bout de Vattetot, 76111 Vattetot-sur-Mer
Le Rivage* bietet Traum-Studios bzw. Appartements mit unverbautem Blick auf die Kreidefelsen und das Meer von Yport. Unglaublich schön. Einziger Wermutstropfen, es gibt keinen privaten Parkplatz, nur Parkmöglichkeiten an der Zufahrt. Du wohnst etwas oberhalb von Yport in der Nähe des Campingplatzes, bist aber in wenigen Minuten unten im Ortskern. Eine Woche über Ostern kostet etwa 800 Euro.
Adresse: 31 Rue André Toutain, 76111 Yport
Ich hoffe, ich konnte euch genauso begeistern, wie wir immer noch begeistert sind von dieser Region. Und ja, auch wenn Étretat auf der Bucket-Liste steht, kommt man auch sehr gut in den Genuss der spektakulären Steilküste, ohne sich an den beliebten Fotospots um eine tolle Aufnahme mit zig anderen Touristen zu tummeln. Eine Überlegung ist es sicher wert, das Reiseziel um einige wenige Kilometer zu verschieben. Magst du noch mehr über den Trend „Slow-Travelling“ lesen, dann klicke hier auf meinen Artikel zu genau diesem Thema und der neuen Art und Weise in der Normandie Urlaub zu machen.