Hmm, dachte ich mir, schon wieder so ein Modewort, als ich den Begriff Slow-Travel das erste Mal vernommen habe.
Aber was genau verbirgt sich denn hinter diesem Wort, der einen neuen Trend des Reisens umschreibt?
Slow-Travel bedeutet eigentlich nichts anderes als langsam zu reisen. Also eben nicht eine prallvolle Rundreise zu planen, in der man in möglichst kurzer Zeit die Sehenswürdigkeiten einer Region abarbeitet. Nein, man nimmt sich Zeit eine Region in Ruhe und mit Erholung zu erkunden. Man nimmt sich die Zeit, die man braucht um vom stressigen Alltag abzuschalten und zu entspannen. Und man nimmt sich vielleicht auch die Zeit, um die Kultur des Landes und die Leute kennenzulernen. Und eigentlich nur so, kann man auch wirklich behaupten ein Urlaubsziel so richtig kennengelernt zu haben und vielleicht auch die geheimen Plätze entdeckt zu haben, die in keiner Liste von Lonely Planet stehen und einen ganz besonders berührt haben.
Die Normandie ist so eines der Reiseziele, welches wir slowly erkunden durften und das nicht nur einmal. Die Normandie ist eben unglaublich vielseitig und bietet viel mehr als die bekannten Kreidefelsen in Étretat oder den Pferdesport im mondänen Deauville.
Ein Departement hat es uns besonders angetan. Das Departement Seine-Maritime. Eben weil es etwas wilder und rauer ist und man trotzdem in der Sonne am Kieselstrand liegen kann und ein gutes Buch liest oder seine Runden im Meer dreht. Einige Kilometer weg von der Küste findet man kleine Dörfer mit idyllischen Märkten und auch das eine oder andere schöne Ferienhaus, in dem es sich aushalten lässt.
Unentdeckte und außergewöhnliche Orte in der Normandie
Klar kennen wir Étretat. Immerhin war es unsere Hochzeitsreise, die uns 2014 in die Normandie und auch nach Éteretat führte. Wir hatten ein wunderbares Ferienhaus mit Blick aufs Meer gebucht und sind rückwirkend froh, dass dieses eben außerhalb und nicht direkt in dem bekannten Städtchen mit den spektakulären Kreidefelsen zu finden war.
Sicherlich ist Étretat einmalig und imposant, ich möchte dir einen Besuch auch gar nicht ausreden. Aber ein Tagesbesuch, vielleicht auch zwei Tage reichen doch allemal.
Übrigens hat das kleine Örtchen Étretat stark mit dem Tourismus zu kämpfen, täglich pilgern bis zu 10000 Menschen in den Ort um sich vor der berühmten Kulisse ablichten zu lassen. Dies hat tatsächlich eben auch Auswirkungen auf die Menschen und die Natur. Durch das Betreten der Kreidefelsen wird die natürliche Errosion verstärkt und diese einmaligen Kreidefelsen schwinden von Jahr zu Jahr. Über die Hälfte der Wohnungen wurde in Feriendomizile verwandelt und die Einheimischen mussten aufgrund der starken Preise ihren Heimatort verlassen.
Also wenn es dieser Ort auf deiner Reise sein muss, dann halte dich bitte an diese drei Regeln:
- Parke auf den Ausweich-Parkplätzen am Rande des Ortes und nutze den Shuttle-Dienst oder spaziere zur Küste.
- Bleibe auf den befestigten Wegen. Auch wenn ein Foto ab Rande der Klippe eindrucksvoller erscheinen mag. Du schädigst die Natur und begibst dich unnötig in Gefahr. In 2022 sind drei Menschen ums Leben gekommen, weil sie die abgesperrten Klippen besteigen wollten.
- Nimm bitte deinen Müll wieder mit zur Ferienunterkunft oder nutze zumindest die Mülleimer vor Ort.
Und ist es nicht auch die schöne Landschaft in der Umgebung, die wir erkunden wollen? Denn die Kreidefelsen sind nicht nur hier so wunderschön, sondern sie ziehen sich entlang der Küste bis in den Norden nach Le Tréport.
Doch fangen wir einmal bei den Orten an, die du meiner Meinung nach auf keinen Fall verpassen solltest. Bist du ein Wanderfan? Prima, dann kannst du Step by Step die gesamte Küste erwandern, ein einmaliges Erlebnis. Wandern führt zumindest bei uns immer zu einer absoluten Tiefenentspannung. Entweder wandern wir still schweigend nebeneinander her oder wir bereden alles, wozu im Arbeitsalltag die Zeit manchmal einfach fehlt.
Bist du jetzt nicht so der Fan der langen Wege? Auch kein Problem. Jeder der benannten Orte ist auch mit dem Auto erreichbar oder zumindest ein nahegelegener Parkplatz, von dem aus du in wenigen Minuten die schönsten Ausblicke auf den Ärmelkanal erhaschen kannst.
- Dorf von Yport – ruhiger Badeort, mit allen Annehmlichkeiten wie Restaurants, Boulangerien und Hotels. Suchst du Entspannung leihst du dir ein Buch aus und genießt den Schmöker beim Blick aufs Meer. Denn Yport nimmt an der Aktion lire a la plage teil, bei der du kostenfrei Bücher ausleihen und direkt am Strand lesen kannst. Klingt schon sehr nach Slow-Traveling, oder?
7 Bd Alexandre Dumont, 76111 Yport, Frankreich - La Roche qui Pleure – übersetzt der weinende Felsen – lässt vermuten, was einen hier erwartet. An dieser Stelle, südlich von Fécamp lassen sich zig kleine Wasserfälle erleben, die die Kreidefelsen hinab rinnen. Der Ort ist nur gering besucht.
18 Imp. du Grainvalet, 76400 Saint-Léonard - Aiguille de Belval – ein besonderes Gestein, wie ein Fels in der Brandung stellt der Aiguille de Belval dar.
Vom Parkplatz an der Kirche in Benouville (Achtung nicht das Bénouville im Calvados) ist es ein 20-minütiger Spaziergang durch die Felder und entlang der Steilküste.
2 Rue de l’Aiguille de Belval, 76790 Bénouville
Die schönsten Strände in der Region Seine-Maritime zur Entspannung
Das Strandfeeling ist geprägt von Kreidefelsen und Kiesel natürlich anders, als an feinen Sandstränden wie in der Bretagne. Aber auch Strönde der Alabasterküste können einen verzaubern und zwar dann wenn man entlang der imposanten Gebilde schwimmt und permanent auf das tolle Panorama blickt.
Vaucottes
Vaucottes ist ein sogenanntes Valleuse, ein Einschnitt zwischen den hohen Kreidefelsen der Alabasterküste.
In diesem kleinen Tal gibt es tatsächlich nur eine Hand voll kleiner Häuser und Villen, zum Teil auch in Vermietung für den Tourismus.
Am Ende dieses Tales gelangst du zu einer wunderbaren Badebucht (in der offiziell das Baden aufgrund der starken Gezeiten nicht erlaubt ist). Der Ort wird an den Wochenenden gegen Abend gerne besucht, um zu Picknicken und die untergehende Sonne bei einem schönen Glas Wein zu genießen. Dann kann es auch vorkommen, dass ein Pizza-Foodtruck sein „Zelt“ vor Ort aufschlägt und man eine leckere warme Margerita ergattern kann.
Wie oftmals in der Normandie solltest du auch hier darauf vorbereitet sein, dass die Badebucht bei Flut vollkommen vom Meer eingenommen wird. Dieser Anblick, wenn die Wucht der Flut heranprescht und gegen die Felsen schlägt, ist wirklich einmalig. Also lass die auch das nicht entgehen.
Plage du Tilleul
Um zu dieser herrlichen Badebucht zu gelangen, musst du vorab etwas aktiv werden. Denn der Parkplatz ist etwa 30 Minuten Fußweg von der Badestelle entfernt.
Diese Badebucht ist optisch herrlich gelegen, im Hintergrund blickst du immer auf imposante weiße Kreidefelsen.
Aber auch der Wanderweg ist abwechslungsreich und idyllisch gelegen. Zunächst verläuft er beschattet durch ein Waldstück, bis der Wald endet und man die letzten Meter im Tals von Antifer bis zur Bucht zwischen Wiesen entlang wandert und eine kurze Steile Passage über Steine hinab zurücklegt.
Auf dem Wanderweg trifft man immer wieder auf Pferde oder Esel am Wegesrand. Der Strand besteht aus polierten Kieselsteinen, man sollte ausreichend Abstand zu den Kreidefelsen halten, da ein Felsrutsch nie ausgeschlossen sein kann.
Veules-les-Roses
Veules-les-Roses gehört tatsächlich zwar doch eher zu den typischen touristischen Zielen in der Normandie. Aber dennoch möchte ich diesen Strand nicht verschweigen.
Denn im Departement Seine-Maritime trifft man in der Regel nicht auf Sand am Meer. Typisch für die Region sind die hellen Kreidefelsen der Alabasterküste und ein Untergrund von Kieselsteinen, die vom Meer glatt geschliffen wurden.
Ich verspreche, dies ist nicht minder schön und mit einer recht dicken Decke lässt sich genauso ein Badetag planen, wie auch an Sandstränden. Zudem ist es herrlich oberhalb der Klippen zu wandern und das Panorama zu genießen. Das was mir aber dennoch fehlt, ist die Möglichkeit am Meer entlang zu wandern. Ich liebe es einfach Kilometer am Strand zurückzulegen und von Ortschaft zu Ortschaft zu wandern.
Wenn dies tatsächlich irgendwo gut möglich ist, dann in Veules-les-Roses und zwar bei Ebbe. Alternativ lässt sich hierzu auch der Strand in St-Aubin-sur-Mer ansteuern.
Nimm Dir für deine langsame Reise in der Region Seine-Maritime ruhig 10 Tage Zeit, um die schöne Landschaftszüge mit Entspannung zu erkunden und auch den einen oder anderen Tag des Faulenzens einzulegen, ein Buch zu lesen oder auch einfach so rein gar nichts zu machen. Ist dir schon mal aufgefallen, dass man es fast verlernt hat, auch mal gar nichts zu machen? Ich denke, es ist Zeit, dass wieder neu zu lernen und auch das Handy einfach mal wegzulegen. Koche dir einen Tee, Chai Latte oder leckeren gebrühten Kaffee und schaue aus dem Fenster deines Ferienhauses oder Appartements.
Slow Travel – 5 Tipps wie du im Urlaub entschleunigst
- Reise wenn möglich nicht in der Hauptsaison, in Frankreich sind das auf jeden Fall die Monate Juli und August.
- Wähle kleinere Orte bzw. Reiseziele, die erst einmal nicht so bekannt sind.
- Buche keine Pauschalreisen, sondern plane deinen Urlaub individuell. Im Idealfall bei einheimischen Gastgebern.
- Plane mehr Zeit für deine Reise ein und schaue dir auch die wenig bekannten Orte an, so entdeckst du einmalige Juwelen.
- Leg das Handy auch mal zur Seite und genieße die Zeit bewusst, denn das ist die Zeit an die du dich erinnern wirst.